Durch die Naumburger Verträge
vom 24.02.1554 wurde das Wettiner Gesamthaus neu aufgeteilt in die Linien Albertiner und Ernestiner. Der albertinische Kurfürst August trat Länderein an die Ernestiner ab.
Dadurch wurde Liebschwitz mit den dazugehörigen Dörfern Grobsdorf, Lietzsch, Loitzsch, Niebra, Pösneck und Taubenpreskeln, sowie den sächsischen Anteilen der Dörfer Hilbersdorf, Lengefeld und Rückersdorf sächsischen Enklave.
Diese "Ziegenhierdsche Ländchen", nach der fast 200 Jahre auf dem Rittergut Liebschwitz ansässigen Familie benannt, besaß laut Aufzeichnungen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts Gerichtsbarkeit der Herrschaft. Ein verliehenes oder gekauftes Recht, das immer mit Einnahmen verbunden war und zudem noch die Untertanen "Im Zaum" hielt.
Bis ins 18. Jahrhundert war der Obergerichtsbarkeit auf dem Rittergut. Das heißt, das dort Todesurteile gesprochen und sogar vollstreckt werden konnten. Die letzte Hinrichtung durch den Strang war 1705. Ein armer Hutmann (Hirte) aus Dittersdorf bei Schleiz hatte ins Taubenpreskeln etwas gestohlen. Das genügte damals zum Todesurteil. Die Flurbezeichnung Galgenberg, östlich der Straße nach Niebra gelegen, belegt dies heute noch eindeutig.
Danach gab es nur noch die Niedergerichte, die über Diebstahl, Ehebruch, Streitigkeiten, Nachlass- und Grundstückssachen tagten. Im Gerichtsprotokollbuch aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind u.a. aufgeführt: Gänse hüten auf Nachbarsgrund, Unterlassene Eintragung von Übernachtungsgästen durch den Gastwirt, Holzdiebstahl oder Laubrechen im herrschaftlichen Wald. Diese "Untaten" brachten neben den Siegel und Bogengeld für Urkunden bare Münze in die Gerichtskasse.
Bei Umbauten des Gutshofes zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde noch ein Gerichtsgebäude in die hufeisenförmige Anlage eingefügt. Aus alten Urkunden geht hervor, das ein Gerichtsdirektor bestellt war und dieser auch einen Schreiber zur Seite hatte. Mit der Reichsgründung 1872 war diese Epoche zu Ende. Allerdings gab es bis 1921 neben der Gemeinde noch den Rittergutsbezirk, der eine rechtliche Sonderstellung im Land Sachsen hatte.
Nach 1870 mussten die Einwohner der Enklave nach dem etwa 30 km entfernten Werdau gehen, um bei der Amtshauptmannschaft (heute das Landratsamt) oder dem Amtsgericht ihre Sache vorbringen zu können.
Quelle: Hermann Müller